[2]Noch
immer steht Afghanistan, eines der ärmsten Länder der Erde, im Blickpunkt
der Weltöffentlichkeit als ein von politisch-religiösem und Bruderzwist
hin- und her gerissenes Land im Herzen Asiens. Der blutige Krieg, der seit
1978/1979 dort tobt, hat auch nach der Unterzeichnung der Genfer Verträger
am 14.04.1988, dem damit verbundenen Abzug der sowjetischen Truppen zum
15.02.1989, dem Fall von Präsident Najibullah im April 1992 und dem darauf
folgenden Einmarsch der Mujahedin in Kabul kein Ende gefunden. Im
Gegenteil, die Kämpfe gehen trotz verschiedentlicher
Waffenstillstandserklärungen weiter, nun aber zwischen den untereinander
rivalisierenden Mujahedin-Gruppen, abwechselnd als Rebellen, (islamische)
Opposition und Widerstandskämpfer bezeichnet. Da sie es nicht vermochten,
vor dem Sturz Dr. Najibullahs, ihrem einzigen sie einigenden Ziel, sich
auf für alle verbindliche Leitlinien einer Form der Regierung und
Verwaltung des Landes „danach“ zu verständigen, tragen sie nun einen
erbitterten Machtkampf aus, der Afghanistan nicht zur Ruhe kommen lässt.
Einmal mehr ist die (Zivil-)Bevölkerung Opfer derartiger
Auseinandersetzungen und der daraus resultierenden, teilweise nicht zu
überschauenden Verhältnisse.
Der Krieg in
Afghanistan hat die seit dem 2. Weltkrieg weltgrößte Flüchtlingsbewegung
ausgelöst, die insgesamt etwa ein Drittel der gesamten Landesbevölkerung
erfasste. Der größte Teil dieser Menschen flüchtete nach Pakistan, eine
weitere sehr große Anzahl in den Iran. Andere ins Auslande geflüchtete
Menschen leben heute in Indien, den USA, Schweden, Australien und anderen
Staaten. Hunderttausende Menschen sind darüber hinaus im Lande selbst als
Kriegsopfer und Flüchtlinge unterwegs.
Während die
Situation der Flüchtlinge in Pakistan in der (westlichen) Öffentlichkeit
nicht zuletzt durch die Tätigkeit zahlreicher internationaler
Hilfsorganisationen gut bekannt gemacht wurde[1],
sind die Informationen über die Lage afghanischer Flüchtlinge im Iran
vergleichsweise spärlich. Die Gründe hierfür sind wohl in der [2]Besonderheit
der Dynamik der islamischen Revolution im Iran, den angespannten
Beziehungen zwischen Teheran und Kabul sowie den USA und ihren
Verbündeten, dem eigenen iranischen Engagement in Afghanistan und dem
irakisch-iranischen Krieg zu suchen, während dessen Dauer die iranische
Politik andere Schwerpunkte aufwies sowie in außenpolitischer Situation zu
handeln hatte. Lange Zeit war der Besuch afghanischer Flüchtlingslager
bzw. ähnlicher Siedlungen im Iran durch ausländische Beobachter
unerwünscht. Mitarbeiter des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) konnten
erst ab 1984 im Iran eine ständige Tätigkeit beginnen.
Anliegen der
vorliegenden Arbeit sollen Lage und Schicksal der afghanischen Menschen
sein, die auf der Flucht vor Krieg und Verfolgungen in der Islamischen
Republik Iran Aufnahme fanden. Dies geschieht auf der Grundlage von
einigen verschiedenen, leider nur wenigen Berichten sowie aus Presse und
Reisebeschreibungen zusammengetragener Fakten, wobei ein Anspruch auf
Vollständigkeit nicht erhoben werden kann, da zu viel Details noch immer
nicht oder nur unzureichend bekannt bzw. veröffentlicht sind.
[3]Die
Flüchtlinge und deren Fluchtgründe
Die meisten
afghanischen Flüchtlinge, die im Iran aufgenommen wurden, stammen aus den
westlichen Provinzen Afghanistans, wie etwa Nimroz, Herat und Farah bzw.
sind „... mit den Iranern ethnisch oder religionsverwandte Gruppen aus
anderen Teilen Afghanistans (Tajiken und schiitische Hazara).“[2]
Die Angaben über ihre Anzahl sind nicht immer genau bzw. schwanken.
Zuverlässig erscheinen folgende Angaben:
▪ 1984/85: ca. 1,655
Millionen Flüchtlinge[3];
▪ 1985 (Jahresende):
ca. 1,9 Millionen Flüchtlinge[4].
Die „Frankfurter
Allgemeine Zeitung“ berichtete am 08.09.1992 von ca. 2,2 Millionen
afghanischen Flüchtlingen im Iran, von denen nach Angaben der
Internationalen Organisation für Migration (IOM) ca. 800.000 „echte
Flüchtlinge“, also offensichtlich politisch Verfolgte, seien.[5]
Auf die Zahl von 2,5 Millionen Flüchtlingen aus Afghanistan im Iran,
welche im „Nahost-Jahrbuch“ für 1991 angegeben wird[6],
dürften die Bemerkungen von E. Grötzbach ebenso zutreffen, wie auf die
offiziellen iranischen Angaben von „über zwei Millionen“[7].
Letzterer zweifelt die Höhe dieser Zahlen an, da die afghanischen
Westprovinzen, aus denen die Flüchtlinge meist stammten, Ende der
siebziger Jahre, (d. h. 1978 und 1979) nur etwa 2,3 Millionen Einwohner
gehabt hätten. Dies beträfe die Provinzen Herat, Nimroz, Farah, Badghis,
Ghor und Helmand.[8]
Ein Argument, welches schlüssig erscheint, wenn die Angaben, auf die sich
Grötzbach bezieht, stimmen sollten.
Wichtiger erscheint
mir, die Gründe, die zum Verlassen der afghanischen Heimat führten zu
analysieren, um diese Entscheidung sachlich bewerten und Schlüsse auf die
Bedingungen und den Ablauf des Krieges ziehen zu können. Dazu sei
allerdings noch eine Bemerkung von Michael Pohly vorangestellt: „Pakistan
und Iran, Hauptbetroffene des Flüchtlingsproblems, waren die Paten der
islamistischen [4]Bewegungen und Nutznießer - in
unterschiedlichem Maße - der internationalen Hilfe. Beide diktierten den
internationalen Hilfsorganisationen, wie, in welcher form und an wen Hilfe
zu leisten war und beschränkten die Selbstorganisation der Flüchtlinge.
Flüchtlinge wurden zu Gegenständen des nationalen und regionalen
Machtanspruchs des jeweiligen Exillandes. Dies ist bei der Betrachtung der
Flüchtlingssituation mit einzubeziehen.“[9]
Im Grunde lassen
sich alle Fluchtgründe auf einen wesentlichen Ursprung zurückführen: den
Eingriff von oben (auf verschiedene Weise - von Beschränkung bis hin zur
Zerstörung) in das soziale Gefüge, welches bisher das Leben des Großteils
der (vor allem ländlichen) Bevölkerung Afghanistans sicherte, ohne
Rücksicht zu nehmen auf traditionelle und religiöse Strukturen und
Institutionen, welche bis dahin die Existenz der Bevölkerungsmehrheit
bestimmten. Dies begann mit solchen politischen Beschlüssen, wie dem
Dekret über die Landreform, welches zwangsläufig die Strukturen des
dörflichen bzw. ländlichen Kollektivs mit seinen Klientel- und
Abhängigkeitsverhältnissen beseitigt hätte, ohne an seiner Stelle eine
ähnlich funktionierende Struktur zu schaffen bzw. schaffen zu können.
Weiterhin gilt dies für ein solch sensibles Problem wie die Achtung von
Glauben und Freiheit, einer der wichtigsten Fluchtbegründungen. Dazu zählt
die Furcht vor ökonomischen Schwierigkeiten infolge der Vernichtung von
Ernten und der Zerstörung von Bewässerungsanlagen und Siedlungen nach
Kampfhandlungen, wobei besonders die Flächenbombardements durch
Luftstreitkräfte der UdSSR genannt wurden. Eine große Rolle spielte auch
die Angst, zwischen den Frontlinien stehend Kämpfen zwischen
sowjetisch-afghanischen Einheiten und Mujahedin-Gruppen bzw. den
Mujahedin-Gruppen untereinander zum Opfer zu fallen. Ein weiterer
Fluchtgrund wurde mit Rekrutenaushebungen für die afghanischen regulären
Streitkräfte genannt.[10]
Ein besonders kompliziertes Problem ist die zum Teil künstliche Schaffung
und Manipulierung von Flüchtlingen durch verschiedene [5]Oppositionsgruppen,
um zum einen politisch-militärischen Einfluss über diese Menschen zu
erreichen (d. h., sie faktisch zum Spielball eigener Interessen zu
machen), zum anderen, um einen besonderen „Anspruch“ auf Unterstützung von
außerhalb zu formulieren.[11]
Dies ist ein auch aus anderen Konfliktregionen der Welt bekanntes
Phänomen. Fachleute sprechen hier vom so genannten
pull
factor bzw.
assistance syndrome.
Der Mitarbeiter an der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, Generalmajor
d. R. V. N. Spol’nikov, äußerte 1988 in einem Interview: „Mit voller
Überzeugung kann man sagen, dass die massenhafte Emigration von Bauern
nach Pakistan und Iran direkte Folge der zielgerichteten Tätigkeit der
Konterrevolution bei aktiver Unterstützung der Gutsbesitzer, Khane und
Mullahs ist.“[12]
Ich denke, dass diese Meinung in ihrer derart absoluten Form nicht
aufrecht zu erhalten ist. Spol’nikov scheint hier die Folgen einer
Entwicklung, an der die Sowjetunion leider maßgeblichen Anteil hat, ein
wenig aus den Augen verloren zu haben und unterschätzt die enorme
Wichtigkeit der Funktion z. B. des khan innerhalb des ländlichen
Kollektivs. Allerdings soll eine Diskussion hierüber nicht Gegenstand der
vorliegenden Arbeit sein.
Afghanische
Flüchtlinge im Iran
Bei der Auswertung
der verschiedenen Berichte lassen sich mehrere Etappen in der iranischen
Politik gegenüber der afghanischen Flüchtlingsbewegung feststellen.
-
Die Jahre 1978 und
1979. Hierüber gibt es allerdings kaum bzw. keine Angaben, zumindest
konnte ich dergleichen nicht feststellen. Es besteht offensichtlich eine
weitgehende Unklarheit, wie viele Afghanen nach dem „Ereignis“ der
Aprilrevolution 1978 in den Iran kamen.
-
Mit Ansteigen des
Flüchtlingsstromes nach dem Einmarsch sowjetischer Truppen in
Afghanistan (Dezember 1979) bis zum Beginn des irakisch-iranischen
Krieges (September 1980).
[6]3. 1980 bis 1988. D. h. während des Andauerns des
irakisch-iranischen Krieges.
-
Nach Beendigung
des Krieges mit dem Irak (Inkrafttreten des unter UNO-Vermittlung
zustande gekommenen Waffenstillstandes am 20. August 1988).
Position und
Verhalten der iranischen Regierung waren während dieser Zeit Veränderungen
unterworfen, die vor allem in der schwierigen politischen Situation Irans
bezüglich des Verhältnisses zum Nachbarn Iran begründet gewesen sein
dürften. Der 1. Golfkrieg hatte für den Iran schwere ökonomische und
soziale Folgen. Dies führte zu teilweise strengen Regelungen und Maßnahmen
der iranischen Regierung im Umfang bzw. in der „Verwaltung“ der
afghanischen Flüchtlinge.
Nach dem Einmarsch
der sowjetischen Truppen zeigte sich der Iran, der diese Aktion
verurteilte als gegen den Iran und alle Muslime gerichtete
Einmischungspolitik, gegenüber den eintreffenden Flüchtlingen relativ
großzügig. Sie wurden bereitwillig aufgenommen, erhielten in im
Grenzgebiet eingerichteten Auffanglagern erste medizinische Betreuung.
Wichtigste dieser Auffanglager waren Karkarah, Seidan, Sabzewar, Kerman
und Tayyabad. Dort verblieben die Flüchtlinge mehrere Tage bis zu etwa
zwei Monaten, bevor sie an andere Orte weitergeleitet wurden, dabei immer
unter Kontrolle der iranischen Behörden stehend. Politische und
arbeitsrechtliche Beschränkungen existierten zunächst nicht, auch konnten
sich die afghanischen Flüchtlinge relativ frei im Lande bewegen. Insgesamt
wurden sie in zwölf Provinzen angesiedelt[13],
wobei die wichtigsten die Provinz Khorasan (zuletzt 600.000 Flüchtlinge),
Mashhad (250.000), Isfahan, Teheran, Fars, Yazd, Kerman (je 150.000)
sowie Sistan-Belutschistan (120.000) sind[14].
Die Angaben beruhen vorwiegend auf verschiedenen Schätzungen. P. Schütt
berichtet in einer 1988 veröffentlichen Reisebeschreibung über den Iran
von etwa 500.000 Flüchtlingen aus Afghanistan in der Umgebung von Mashhad
und schreibt: [7]„Viele der Flüchtlinge hausen, notdürftig
ernährt und medizinisch betreut von der UNO-Flüchtlingshilfe, in
Zeltlagern, in selbstgebauten Lehmhütten ohne Wasser- und Stromanschluß
oder in heruntergekommenen, von der einheimischen Bevölkerung aufgegebenen
Vorortsiedlungen.“[15]
W. Dietl berichtete 1984 von drei iranischen Flüchtlingslagern in Kashmar,
Sabzewar und Kaen in denen sich 30.000 Menschen, ausnahmslos Sunniten,
befunden haben sollen.[16]
Ende August 1992 berichteten deutsche Journalisten von insgesamt 3
Millionen afghanischen Flüchtlingen im Iran und „Zehntausenden“, die in
der Hauptstadt der Provinz Sistan-Belutschistan Zahedan und deren Umgebung
lebten. In den Vorstädten von Zahedan betrage der Anteil von Afghanen
teilweise bis zu 80%.[17]
Leider fehlen in der Regel genaue offizielle Berichte, die derartige
Berichte bestätigen oder u. U. korrigieren könnten.
Wie bereits erwähnt,
wurden die afghanischen Flüchtlinge durch den Iran bereitwillig
aufgenommen. In ihnen wurden vom Kommunismus unterdrückte moslemische
Glaubenskrieger gesehen, aber auch willkommene, billige (Gast-)Arbeitskräfte.
Arbeits- und Bewegungsbeschränkungen gab es zunächst nicht, die iranische
Regierung übernahm formale Gleichbehandlungsgarantien, wie etwa für die
Lohnauszahlungen an Afghanen, erlaubte den Besuch von Hochschulen und
Universitäten. Diese Haltung des Iran ermöglichte auch die Betätigung
afghanischer, nicht nur islamischer, sondern auch liberaler politischer
Gruppierungen. Die liberalen unter ihnen wurden allerdings bald verdrängt.
Es ließen sich in der Folgezeit Vertreter von Widerstandsgruppen bzw.
Parteien mit Hauptsitz Peshawar im Iran nieder und arbeiteten zum Teil
sehr eng mit den iranischen Behörden zusammen, wie etwa die Hizb-i islami
(unter Hekmatyar), Jamiat-i islami (Rabbani), Hizb-i islami „2“ (Khalis).[18]
Jene hatten breite Möglichkeiten, im Namen des Heiligen Krieges jihad
gegen die sowjetischen Truppen und die Kabuler Regierung im Iran
Freiwilligen-Werbung zu organisieren, iranisches Territorium als
Rückzugsgebiet zu nutzen. Auch duldete die iranische [8]Regierung
die Beschaffung von Waffen (in der Regel über Pakistan) für die
afghanischen Mujahedin.
Eine allmähliche
Wandlung des iranischen Verhaltens setzte mit dem Beginn des
1. Golfkrieges ab September 1980 ein. Die im bzw. von Iran aus
operierenden Peshawarer Gruppen mussten nunmehr Auflagen erfüllen, d. h.,
es wurde ein Tätigkeitsnachweis von ihnen verlangt und ihre Möglichkeiten
eingeschränkt.
Die afghanischen
Flüchtlinge selbst unterlagen nun zunehmenden Beschränkungen in ihrer
Bewegungsfreiheit sowie der Lohnarbeit. Sie wurden zunehmend in niederen
Berufen eingesetzt, um an der Front befindliche Iraner faktisch zu
ersetzen. Die iranischen Revolutionswächter (pasdaran) richteten in
Flüchtlingslagern Werbebüros ein, um Afghanen als Freiwillige für den
Kriegseinsatz gegen den Irak anzuwerben. Die neue iranische Haltung ist
offenbar nicht weiter offiziell begründet worden, zumindest konnte ich in
den von mir herangezogenen Quellen keine Anhaltspunkte dafür finden. Zu
erklären ist sie m. E. mit neuen Ansprüchen an innere Sicherheit,
Stabilität sowie Kontrolle infolge des Krieges gegen den Irak und
wachsenden sozial-ökonomischen Spannungen und Belastungen im Inland,
bedingt zum einen durch den Krieg, zum anderen die massenhafte
Fluchtbewegung von Afghanen in den Iran. Dies und die Idee des Exports der
islamischen Revolution dürfte auch die iranische Regierung dazu bewegt
haben, sich selbst stärker als bisher im Konflikt in Afghanistan zu
engagieren. Es wurde etwa 1981 damit begonnen, „eigene“ Organisationen
schiitisch-islamistischer Prägung ins Leben zu rufen, die ihre Mitglieder
aus afghanischen Flüchtlingen rekrutierten. Zu ihnen zählen die Sipah-i
pasdaran, Nasr, Hizbullah, Pasdaran-i jihad, Joudullah u. a.[19]
Bei der Gruppierung Joudullah handelt es sich angeblich um eine (Tarn-)Organisation,
die der Hizb-i islami unter Gulbuddin Hekmatyar zugehörig sein soll.[20]
Im weiteren Zeitverlauf mussten die Peshawar-Gruppen allerdings ihre
Vertretungen im Iran wieder aufgeben, da sich die Bedingungen für sie
zunehmend verschlech[9]terten, davon unbetroffen waren nur
Jamiat-i islami sowie Harakat-i inqilab-i islami, da sie weitgehend auf
die iranische Linie gewechselt waren. Dagegen konnten sich die neu
entstandenen Organisationen mit Unterstützung der iranischen Regierung
schnell etablieren, genossen relativ große Bewegungsmöglichkeiten und
entfalteten rege Aktivitäten unter den afghanischen Flüchtlingen.
Weiterhin führte Iran eine Meldepflicht für alle Waffen ein, die von
Pakistan aus in die Hände der Mujahedin im Iran gelangten. Damit erhöhten
sich die Kontrollmöglichkeiten über die Widerstandsgruppen, welche
inzwischen faktisch offiziellen Charakter und Status erhielten.
Eine weitere
Einschränkung erfuhren die afghanischen Flüchtlinge im Jahre 1982 mit der
Bildung der Shura-i afghana durch die Regierung. Diese Behörde hatte zu
Beginn einen Jahresetat von 40 Millionen Dollar[21]
und war die für die Fragen bezüglich der afghanischen Flüchtlinge
verantwortliche Stelle der Regierung, formell dem Innenministerium
unterstehend. Durch die Shura-i afghana wurden den Flüchtlingen Inlandvisa
erteilt, was deren Mobilität erschwerte. Das Regime in den Auffanglagern
wurde stark reglementiert. Die gesundheitlich zum Teil sehr geschwächten
Flüchtlinge erhielten weiterhin eine medizinische Grundbetreuung,
unterlagen aber strengen Verhaltensvorschriften in den Lagern. Bekannt
ist, dass Familien getrennt wurden; zum einen, da Frauen und Kinder sowie
Männer häufig in verschiedene Lager gebracht wurden; zum anderen wurden
Anfang der achtziger Jahre wehrfähige Männer teilweise abgewiesen bzw.
zurückgeschickt.
Beim Verlassen der
Auffanglager erhielten die Flüchtlinge einen Gesundheitsnachweis sowie ein
Dokument, welches ihnen erlaubte, an bestimmte Orte zu reisen, wo sie sich
zu melden hatten. Allerdings wurden durch die Behörden meist
Sammeltransporte eingerichtet. An ihrem Bestimmungsort erhielten die
Flüchtlinge von der Ortsstelle der Shura-i afghana Identitätspapiere,
Lebensmittelbezugsscheine sowie eine Wohnraumzuweisung etc.
Die Bestimmungen
über die Bewegungsfreiheit wurden 1983 nochmals verschärft, [10]als
die bis dahin gültigen Personaldokumente durch neue Papiere ersetzt
wurden, die es nicht erlaubten, den Aufenthaltsort ohne weiteres zu
verlassen bzw. in einen anderen Ort zu wechseln. Dies machte die Mobilität
vieler afghanischer Flüchtlinge, die sich als Saison- bzw. Wanderarbeiter
verdingten, zunichte. Die iranische Regierung erließ darüber hinaus ein
Verbot für Taxi- und Omnibusfahrer, in ihren Fahrzeugen Afghanen zu
befördern. Dieses Vorgehen der Regierung Irans hatte vor allem handfeste
sozial-ökonomische Gründe, da sich die wirtschaftliche Situation durch den
irakisch-iranischen Krieg verschärfte und durch die Flucht vieler Iraner
vor der islamischen Revolution ein enormer Geldabfluss ins Ausland zu
verzeichnen war. Hinzu kam, dass ca. eine Million Obdachlose und
Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten an der iranisch-irakischen Grenze
umgesiedelt werden mussten.[22]
Inflation und Arbeitslosenrate stiegen drastisch an. Von Entlassungen
infolge der nachlassenden Wirtschaftsfähigkeit der Betriebe waren in der
Regel zuerst Afghanen betroffen. Auch war das Verhältnis zwischen Iranern
und Afghanen durch die wachsenden sozialen Spannungen stark belastet. Im
Laufe der Zeit entspann sich eine regelrechte Kampagne gegen Afghanen, die
von der öffentlichen Meinung für die ökonomischen Probleme verantwortlich
gemacht wurden. Offizielle iranische Behörden begünstigten direkt und
indirekt durch ihre Entscheidungen und Stellungnahmen eine derartige
Entwicklung, offenbar auch, um gezielt innenpolitische Schwierigkeiten und
Zündstoff zu kanalisieren bzw. zu verschleiern. Afghanen wurden in der
Öffentlichkeit als Diebe, Vergewaltiger und Mörder verunglimpft. Der
iranische Generalstaatsanwalt erklärte in einer Zeitung: „Afghanen sind
Verbrecher.“[23]
Auch Ali Akbar Rafsanjani, „zweiter Mann“ hinter Ayatollah Khomeini,
äußerte sich 1984 dahingehend, dass die Afghanen Hauptverantwortliche für
Arbeitslosigkeit und ökonomische Krise, für das Zunehmen von Schmuggel und
Verbrechen seien.[24]
Die Folgen waren verheerend. Nach dieser Erklärung „... mußten sämtliche
afghanischen Flüchtlinge, die in einem Gebietsstreifen von 30 km zur
afghanisch-iranischen [11]Grenze lebten, dieses Gebiet räumen.
Viele Afghanen hatten sich bereits wieder eine kleine Existenz aufgebaut,
Geschäfte in Gang gebracht oder sich Häuser gebaut, Land gekauft oder
gepachtet. All dies mussten sie innerhalb einer Woche aufgeben, ihre
Häuser und Sachen verloren rapide an Wert, und oftmals wechselten diese
den Besitzer zu 1/10 des üblichen Preises. Löhne sowie andere Außenstände
wurden den Flüchtlingen nicht mehr gezahlt, viele dieser Menschen verloren
so innerhalb kurzer Zeit zum zweiten Mal ihr Hab und Gut.“[25]
Als Folge davon flohen etliche Schiiten aus Zentralafghanistan nach
Pakistan oder kehrten wieder in ihre Heimat zurück. Gleichfalls erschwerte
Iran damit im Westen Afghanistans operierenden unabhängigen
Mujahedin-Verbänden den Zugang zu ihren Rückzugsmöglichkeiten auf
iranischem Gebiet, was zum Teil zu großen Opfern und Verlusten unter ihnen
führte.
Die
Lebensbedingungen für die afghanischen Flüchtlinge sowie ihr Verhältnis zu
den Iranern bargen außerordentlich großen sozialen Zündstoff. Er entlud
sich derartig, dass es seit 1985 in mehreren Städten zu offenen
Auseinandersetzungen zwischen Afghanen und Iranern kam, u. a. in Mashhad,
Isfahan, Shiraz und Qom. Frauen wurden gedemütigt und misshandelt, Männern
Bärte ausgerissen. Iranische Behörden sahen den Übergriffen gegen Afghanen
in der Regel tatenlos zu. Teilweise wurden Afghanen verhaftet, nicht
selten später afghanischen Behörden übergeben oder in das
iranisch-afghanische Grenzgebiet verbracht. Im Ergebnis solcher Ereignisse
nahmen die Beschränkungen für afghanische Flüchtlinge zu. Ihre
Bewegungsfreiheit wurde auf ausschließlich einen Ort festgeschrieben. Auch
durften sie nur noch in bestimmten Berufen Lohnarbeit verrichten. Dieser
Erlass betraf traditionell als unrein angesehene Berufe, wie etwa als
Arbeiter im Brunnenbau oder in Steinbrüchen. Nachdem iranische
Parlamentsabgeordnete gegen derartige Praktiken protestierten, wurde
dieser Erlass ersetzt durch eine Verordnung, der Afghanen wieder die
Arbeit in allen Berufen [12]formell erlaubte. Allerdings musste
dafür im Bedarfsfalle ein Gesundheitszeugnis vorgelegt werden, so dass
sich für die Afghanen selbst praktisch nichts änderte. 1985 wurde
verordnet, dass afghanische Flüchtlinge, die einer Beschäftigung
nachgingen, hierfür eine Arbeitserlaubnis benötigten, während iranische
Bürger, welche Afghanen zur Arbeit einstellten, zur Zahlung von 3.000
toman verpflichtet wurden, die meist aber durch die Afghanen zu erbringen
waren. Da die Arbeitserlaubnis ausschließlich auf den Arbeitgeber
ausgestellt war, wurde ein Wechsel der Arbeitsstelle, sofern man eine
erhielt, sehr schwierig und war mit erheblichem bürokratischen und zum
Teil finanziellen Aufwand verbunden. Dies führte oft dazu, dass
afghanische Arbeiter ihrem Arbeitgeber faktisch schutzlos ausgeliefert
waren. Schlechte Arbeitsbedingungen und geringe Entlohnung waren die
Folge.
Die Eskalation des
Krieges zwischen Iran und Irak 1986 führte zunächst zu einer zeitweisen
Veränderung des Engagements Irans bezüglich der afghanischen Flüchtlinge
und im Konflikt in Afghanistan selbst. U. a. wurde das Jahresbudget der
Flüchtlingsbehörde Shura-i afghana um 20 Millionen Dollar gekürzt.[26]Die
Aufmerksamkeit bei der Beobachtung der Ereignisse in Afghanistan sowie der
Einflussnahme auf afghanische schiitische Organisationen bzw.
Gruppierungen blieb ungebrochen groß. Wichtigstes politisches Motiv dürfte
auch hier die Verbreitung bzw. der Export der Idee von der islamischen
Revolution gewesen sein. Auch blieb die iranische Position zu einer
politischen Lösung des Konflikts in Afghanistan unnachgiebig in ihrem
Beharren auf dem schnellstmöglichen Abzug der sowjetischen Truppen, der
Forderung nach Rücktritt der afghanischen Regierung und dem Wunsch nach
„... der Schaffung eines blockfreien Staates, gegründet auf den Konsens
und die Glaubensüberzeugung des moslemischen afghanischen Volkes.“[27]
Gleichfalls wies Iran die Politik anderer Staaten in dieser Region,
konkret waren die USA gemeint, zurück. Aus dieser Position heraus
entwickelte die iranische Regierung ihren Vorschlag zur politischen Lösung
des Afghanistan-Konflikts durch eine vierseitige Konferenz, [13]an
der die UdSSR, Pakistan Iran sowie Vertreter der afghanischen Mujahedin
teilnehmen sollten, der jedoch nicht verwirklicht wurde. Statt dessen
waren die indirekten Verhandlungen zwischen Afghanistan und Pakistan durch
Vermittlung der Vereinten Nationen in Gang gebracht worden. Ihnen jedoch
stand die iranische Regierung weitgehend ablehnend gegenüber. Nach
Aussagen des damaligen afghanischen Außenministers Abdul Wakil in einem
Interview unmittelbar nach Unterzeichnung des Genfer Vertragspaketes am
14.04.1988 hat die iranische Regierung dem UNO-Vertreter Diego Cordovez
jedoch mitgeteilt, dass sie in der Flüchtlingsfrage bereit sei, teilweise
ähnliche Verpflichtungen zu übernehmende wie Pakistan, ohne sie allerdings
konkreter zu benennen.[28]
Während die Lage der
afghanischen Flüchtlinge im Iran weitgehend unverändert blieb (allerdings
begannen offenbar schon größere Gruppen mit ihrer Rückkehr nach
Afghanistan), stieg nach Unterzeichnung der Genfer Verträger sowie dem
Inkrafttreten des irakisch-iranischen Waffenstillstandsabkommens im Sommer
1988 die Aktivität des Iran in der Afghanistan-Frage wieder an. Die
äußerte sich z. B. deutlich in mehreren Versuchen, zwischen den
zerstrittenen Mujahedin-Gruppierungen zu vermitteln, wenn auch dies mit
Blick auf eigene Interessen sowie die iranisch unterstützten
Widerstandsorganisationen und Parteien sicher nicht nur aus
uneigennützigen Motiven geschah. Beispielhaft hierfür ist sicher die Reise
von Irans stellvertretendem Ministerpräsidenten Ali Reza Moajeri am
12.02.1989 nach Pakistan. Dort war es auf einer Beratenden Versammlung der
Mujahedin in Rawalpindi über eine etwaige Übergangsregierung für
Afghanistan zum Eklat gekommen, als die schiitischen Gruppierungen
Forderungen nach mehr Einfluss und mindestens einhundert der insgesamt 536
Delegiertenstimmen erhoben, was von der sunnitischen Mehrheit abgelehnt
wurde.[29]
Trotz aller Versuche der Einflussnahme, nicht nur des Irans, gelang es
auch 1989-1991 nicht, die oft nur bei Lippenbekenntnissen [14]gemeinsame
Sprache sprechenden Mujahedin-Führer tatsächlich zu einigen, da jene im
einzelnen zu sehr auf ethnisch und religiös bestimmten Positionen
beharrten.
Darüber hinaus hat
der 2. Golfkrieg das Seine getan, um den Widerstand in verhärtete Fronten
zu spalten, als sich die verschiedenen Parteien wiederum nicht auf eine
gemeinsame Position verständigen konnten. Der Iran setzte auf strikte
Neutralität. Pakistan beteiligte sich als Verbündeter der Alliierten gegen
den Irak, den wiederum Gulbuddin Hekmatyar unterstützte. Dennoch war das
weitere Jahr 1991 von Bemühungen Irans und Pakistans geprägt,, unter
Ausübung von Druck einigenden Einfluss auf die zerstrittenen Allianzen der
Mujahedin zu nehmen, wovon u. a. eine Reise von Irans Außenminister
Velayati nach Islamabad zeugt. Er übte scharfe Kritik an G. Hekmatyar und
warf ihm mangelnde Dialogbereitschaft vor, da er Verhandlungen mit der
Regierung strikt ablehnte. Dagegen entspannten sich die Beziehungen
zwischen Teheran und Kabul in einer Weise, die es zuließ, dass iranisch
Flugzeuge im Herbst 1991 mit Duldung Kabuls Hilfsgüter in zentrale
afghanische Landesteile (Hazarajat) transportieren konnten. Im Jahre 1992
kontrolliert Iran faktisch „... über von ihm finanzierte Milizen weite
Teile“ Afghanistans und Kabuls, „... die westafghanische Stadt Herat wird
praktisch von iranischen Emissären regiert. Teheran liefert Lebensmittel,
Treib- und Brennstoffe, die Versorgung bräche sofort zusammen, sperrte
Teheran der Nachschub.“ In ähnlicher Weise davon betroffen sind Bamyan,
Band-i Amir und Chakcharan.[30]
Zusammenfassung
und Ausblick
Die Aufnahme der
afghanischen Flüchtlinge stellte für den Iran eine erhebliche
sozial-ökonomische und politische Belastung dar. Die iranische
Flüchtlingspolitik war nicht zuletzt wegen dieser Schwierigkeiten
Veränderungen unterworfen, die der jeweiligen Situation Rechnung tragen
sollten.
[15]Alle
von mir herangezogenen Berichte sprechen von:
-
einer starken
ideologischen Einflussnahme durch den Iran im Sinne der islamischen
Revolution bis hin zur Indoktrinierung von vom Iran aus operierenden
afghanischen Oppositions- und Widerstandsgruppen;
-
strengen
Reglementierungen für Organisierung und Kontrolle des Aufenthaltes
afghanischer Flüchtlinge im Iran;
-
von in ihrem
Umfange nicht zu unterschätzenden materiellen und finanziellen
Aufwendungen und Leistungen Irans für die afghanischen Flüchtlinge,
denen zumindest ein ausreichendes Minimum an Versorgung gewährt wurde.
Offiziellen Angaben
zufolge wandte die iranische Regierung von 1980 bis 1986 120 Millionen
Dollar für medizinische Behandlung und Erstversorgung der Flüchtlinge in
den Auffanglagern auf, darunter Mittel zur Malariabehandlung.[31]
Der Tätigkeit internationaler Hilfsorganisationen sowie der UNHCR
zugunsten der Flüchtlinge stand Iran lange Zeit skeptisch-ablehnend
gegenüber. Zwar erlaubte die Teheraner Regierung 1983 und 1984 einzelne
Hilfsliefrungen, eine ständige UN-Vertretung zur Flüchtlingsbetreuung
gestattete sie erst ab Ende 1984.
Die
Lebensbedingungen der afghanischen Flüchtlinge gestalteten sich insgesamt
kompliziert. Der Verlust ihrer bisherigen Umwelt, die Begegnung mit ihnen
teilweise fremden politischen und ökonomischen Verhältnissen, gewisse
Unterschiede von Sitten und Gebräuchen ließen die Flüchtlinge Erfahrungen
sammeln, die mit ihren bisherigen Anschauungen relativ wenig gemein hatten
und unter Umständen nach ihrer Rückkehr in die Heimat und beim
Wiederaufbau zum Tragen kommen können.
Aufgrund der
ökonomisch stark angespannten Situation im Iran sowie politischer
Entscheidungen der iranischen Regierung war eine soziale und juristische
Gleichberechtigung der afghanischen Flüchtlinge mit den Bürgern Irans
nicht gegeben, was zu Konflikten zwischen ihnen sowie zwischen
Flüchtlingen und der Staatsmacht führte. Nicht [16]wenige
Afghanen verließen daraufhin den Iran.
Die Genfer Verträge,
der Abzug der sowjetischen Truppen aus Afghanistan und schließlich der
Sturz der Regierung Najibullah im Frühjahr 1992 ließen eine etwaige
Rückkehr der Flüchtlinge nach Afghanistan als realistisch und möglich
erscheinen. Die Frage der Flüchtlingsrückkehr war aber bereits eher
aufgeworfen worden. Die Politik der nationalen Aussöhnung sowie eine
Erklärung über eine halbjährige Waffenruhe (Januar 1987) der Kabuler
Regierung sollten bereits die Heimkehr von Rückkehrwilligen ermöglichen.
Bis zum Frühjahr 1987 sollen über 40.000 Flüchtlinge davon Gebrauch
gemacht haben.[32]
Zusätzlich setzte die UNHCR ein Programm für humanitäre und
Wirtschaftshilfe in Gang, dessen Leiter, Sadruddin Aga Khan, im Dezember
1988 über 200.000 Rückkehrer (seit 1987) informierte, welche nach Aussagen
der afghanischen Regierung vorwiegend aus dem Westen des Landes, vor allem
den Gebieten um Herat, stammten[33],
während Anfang 1989 eine Zahl von 170.000 registrierten Rückkehrern
veröffentlicht wurde.[34]
Eine Lösung des Flüchtlingsproblems kann jedoch sicher erst jetzt
ernsthaft in Angriff genommen werden, wobei internationale Hilfe
unerlässlich ist. 200.000 sollen bis Ende Juli 1992 aus dem Iran, 800.000
aus Pakistan zurückgekehrt sein.[35]
Die UN-Flüchtlingskommission gewährt rückkehrwilligen Familien eine
Übergangsunterstützung von umgerechnet ca. 200 DM sowie 300 kg Getreide.[36]
Der Erfolg der Rückführungsbemühungen dürfte aus mehreren Gründen
zumindest im Augenblick fraglich sein. Die anhaltenden Kämpfe zwischen
rivalisierenden Mujahedin-Verbänden vor allem in und um Kabul (zwischen
iranisch unterstützten Schiiten und Sunniten) führten zu einer erneuten
Fluchtbewegung im Lande, vor allem aus dem Hauptstadtbereich. Die
Wiederbesiedlung der verlassenen Dörfer und Siedlungen wird durch Minen,
die UNHCR spricht von über 10 Millionen im ganzen Land[37],
noch Hinterlassenschaft des Krieges, behindert. Trotz der erheblichen
Belastungen durch den Aufenthalt von Flüchtlingen in Pakistan und Iran
dürfte für beide [17]Staaten die massenhafte Rückkehr von
Afghanen in ihre Heimat erneut erhebliche Schwierigkeiten mit sich
bringen. Schließlich waren und sind sie eine nicht zu unterschätzende
ökonomische Größe und ein plötzliches Abfließen der von ihnen im Laufe der
Jahre mühsam erarbeiteten Werte und Mittel dürfte wohl kaum im Interesse
Irans bzw. Pakistans liegen, so dass hier u. U. noch Maßnahmen beider als
wahrscheinlich erscheinen.
Eine wirklich
umfassende und endgültige Lösung des Flüchtlingsproblems kann allerdings
nur mit einer tatsächlichen politischen Lösung für Afghanistan
einhergehen. Voraussetzung für beides ist ein baldiges Ende des sinnlosen
Blutvergießens in Afghanistan.