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Hochschulwesen und Wissenschaft in Uzbekistan und Tadshikistan - Möglichkeiten der Kooperation mit deutschen Partnern

(Zusammenfassender Bericht an die Robert Bosch Stiftung GmbH, Stuttgart. Stand: Herbst 1997).

English Summary - click here.

Von Ralph Kühn, M. A. Iranistik

Hochschulwesen und Wissenschaft in Uzbekistan und Tadshikistan haben sich vor allem hinsichtlich ihrer Organisation und Verwaltung nach den Unabhängigkeitserklärungen im Jahre 1991 nur geringfügig verändert. Sie widerspiegeln zu großen Teilen noch das Erbe der sowjetischen Wissenschaftstradition. Uzbekistan wie Tadshikistan stehen vor der Herausforderung, ihre Bildungssysteme entsprechend den Erfordernissen ihrer staatlichen Unabhängigkeit und der angestrebten selbständigen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung neu zu gestalten. Die Ausgangsbedingungen hierfür sind in beiden Ländern unterschiedlich. Während Uzbekistan seit Anfang der 1990er Jahre trotz schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen eine vergleichsweise stabile innenpolitische Entwicklung verzeichnen konnte, stürzte ein Bürgerkrieg das benachbarte Tadshikistan in eine schwere politische und wirtschaftliche Krise. Eine im März 1997 vom Präsidenten Uzbekistans erlassene Verfügung zur Erarbeitung eines "Nationalen Programms für die Ausbildung von Kadern" zielt auf die umfassende Neustrukturierung des gesamten Bildungssektors ab, wobei internationale Erfahrungen in geeigneter Weise ausgewertet und genutzt werden sollen. Nachdem es in Tadshikistan während des Bürgerkrieges gelungen war, Bildung und Hochschulbildung (wenn auch auf einem beschränktem Niveau) intakt zu halten und die unlängst erreichten Kompromisse zwischen den tadshikischen Konfliktparteien auf ein dauerhaftes Ende des Konfliktes hoffen lassen, wird nunmehr auch hier der Sanierung und Modernisierung des Hochschulwesens prioritäre Bedeutung beigemessen. Tadshikistan wird jedoch auf absehbare Zeit nicht in der Lage sein, dies im Alleingang zu bewältigen und ist dringend auf umfassende Unterstützung angewiesen.

Hochschul- und Wissenschaftskooperation mit Uzbekistan und Tadshikistan ist nicht nur wegen der räumlichen Entfernung oft schwierig. Neben wissenschaftlicher Forschung und dem Austausch von Studierenden beinhaltet sie - bislang in relativ geringem Umfang - Beratung und Unterstützung bei der Hochschulerneuerung. Eine noch stärkere Beteiligung deutscher Hochschulen und Forschungseinrichtungen an diesem Erneuerungsprozeß ist dringender Wunsch sowohl in Uzbekistan als auch in Tadshikistan. Vor allem in administrativer und organisatorischer Hinsicht ist bisher eine Zusammenarbeit jedoch häufig von Schwierigkeiten begleitet.

Ziel des Projektes war die Untersuchung der politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen für eine zukünftige wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Hochschul- und Forschungseinrichtungen der beiden Länder mit deutschen Partnerinstitutionen.

Projektidee, Methodik, Arbeitsstationen

Hintergrund des Projektes war das große Informationsdefizit über die hochschulpolitische Entwicklung der mittelasiatischen ehemaligen Sowjetrepubliken nach Verkündung ihrer politischen Unabhängigkeit in der Bundesrepublik Deutschland bei gleichzeitig wachsendem Interesse an einer wissenschaftlichen Kooperation mit Hochschul- und Forschungseinrichtungen aus dieser Region. Die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen in diesen Ländern sowie die aus der Ferne ansatzweise erkennbaren unterschiedlichen Herangehensweisen der jeweiligen Regierungen an die Erneuerung des Bildungswesens ließen eine eingehende Untersuchung sinnvoll erscheinen, um die Spezifika in der Hochschulpolitik der einzelnen Staaten zu erfassen und in einer zukünftigen Zusammenarbeit berücksichtigen zu können.

Die Projektumsetzung erfolgte durch o.g. Aufenthalt im DAAD und Konsultationen im DAAD-Regionallektorat Uzbekistan in Taschkent, im Hoch- und Fachschulministerium Uzbekistans, im Bildungsministerium Tadshikistans, in den Deutschen Botschaften Taschkent und Duschanbe sowie durch eine Vielzahl von Gesprächen an ausgewählten uzbekischen und tadshikischen Hochschulen. Den Abschluß bildete ein Praktikum im Referat Auslandsbeziehungen der Hochschulrektorenkonferenz in Bonn.

Uzbekistan

Die Struktur des uzbekischen Hochschulwesens widerspiegelt weitgehend das Erbe der sowjetischen Wissenschaftstraditionen und hat sich bisher nur geringfügig verändert. Die starke institutionelle Trennung zwischen wissenschaftlicher Forschung an Akademieinstituten oder ähnlichen Einrichtungen einerseits und wissenschaftlicher Lehre an den Hochschulen andererseits wurde bislang ebenso beibehalten wie die ausgeprägt zentralistische Art und Weise der Hochschul- und Wissenschaftsorganisation bzw. -verwaltung. Strukturen und Tätigkeitsfelder wissenschaftlicher Einrichtungen wurden und werden zentral geplant, geleitet und beaufsichtigt. Wissenschaftliche Forschung ist beinahe ausschließlich an außeruniversitären Forschungsinstituten der Akademie der Wissenschaften konzentriert. Den Hochschulen obliegt die Ausbildung von Fachkräften für Wirtschaft und staatliche Verwaltung. Allerdings steht die Lehre "nicht gleichberechtigt neben der Forschung", wie es auch schon für die sowjetische Hochschultradition charakteristisch war. Bedingt durch die strikte organisatorische Trennung von akademischer Lehre und Forschung weist die Lehre an den Hochschulen einen hohen Grad an "Verschulung" auf. Andere Faktoren, die diese Tendenz stärken, sind in dem - an westeuropäischen Maßstäben gemessen - geringen Alter der StudienanfängerInnen (i.d.R. 16 bis 17 Jahre) und dem in der mittelasiatischen Kulturtradition sehr ausgeprägten Hierarchiebewußtsein zu suchen. Die streng einheitlichen Lehrpläne, starre Prüfungsverfahren und umfangreiche Lehrdeputate der HochschullehrerInnen lassen darüber hinaus nur relativ wenig Freiraum für einen schöpferischen Umgang mit Lehrinhalten oder das Erproben neuer Lehrmethoden.

Die angesprochene zentralistische Leitung und Kontrolle der Hochschulen engt den Handlungsspielraum der jeweiligen Universitäts- oder Institutsleitung teilweise erheblich ein, wenngleich das Bildungsgesetz eine gewisse Selbständigkeit der Hochschulen ausdrücklich vorsieht. Tatsächlich aber können Entscheidungen in solch wichtigen Fragen, wie etwa Lehrplanerstellung, Studienplatzzahlen und - nach meiner Erfahrung - oft auch Auslandskontakte (Reisetätigkeit) in aller Regel kaum ohne Wissen oder Zustimmung des Hochschul- bzw. Bildungsministeriums getroffen werden.

1994 umfaßte der Anteil von Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahren etwa 40% der uzbekischen Gesamtbevölkerung. Das natürliche Bevölkerungswachstum war 1993 mit 22 Geburten je 1000 Einwohnern eines der höchsten innerhalb der GUS. Diese demographische Entwicklung Uzbekistans und der für die kommenden Jahre prognostizierte Bedarf an zusätzlichen Schul- und Studienplätzen unterstreichen den Reformbedarf im Bildungs- und Hochschulwesen.

Die dringende Notwendigkeit einer Erneuerung des Bildungswesens Uzbekistans ist bereits vor mehreren Jahren erkannt und diskutiert worden. Seit 1992/93 wurde ein schrittweiser Übergang zu einem mehrstufigen System der Hochschulbildung (Einführung von Bakkalaureat und Magistratur) vollzogen. Neue Hochschulen wie die Universität für Weltwirtschaft und Diplomatie in Taschkent wurden geschaffen und bestehende Hochschulinstitute in Universitäten umgewandelt wie z.B. die Universität für Wirtschaft in Taschkent, die aus dem Institut für Volkswirtschaft hervorging, oder die Universität Urganch. In einer Rede anläßlich der Eröffnung der Akademie für Staats- und Gesellschaftsaufbau bezog der uzbekische Staatspräsident KARIMOV im Oktober 1995 öffentlich Stellung zur Situation im Bildungs- und Hochschulbereich. KARIMOV erklärte, daß der uzbekische Bildungssektor bis dato einen großen Schwachpunkt dargestellt habe und der weitere Fortgang der gesellschaftlichen Reformen ohne Änderungen in diesem Bereich früher oder später durch einen Mangel an qualifiziertem Personal und geeigneten Führungskräften erheblich erschwert werden würde. KARIMOVs Feststellung, daß das gesamte uzbekische Bildungssystem bis zum damaligen Zeitpunkt (Oktober 1995) kaum grundlegende Veränderungen erfahren habe, muß bezüglich der Organisation und Verwaltung des Bildungs- und Hochschulwesens für die Zeit bis Mitte 1997 beibehalten werden.

Die tatsächliche Umsetzung der in o.g. Präsidentenrede angesprochenen "erstrangigen Aufgabe", nämlich die Schaffung eines "kontinuierlichen Systems der Ausbildung und Umschulung von Kadern", kam in der Praxis nur langsam voran. Die Gründe dafür dürften vor allem in der Schwerfälligkeit der zuständigen Behörden, dem Fehlen moderner Konzepte und von Erfahrungen sowie vor allem in der unübersichtlichen Kompetenz- und Aufgabenwahrnehmung im Bildungssektor zu suchen sein. In Uzbekistan sind Volksbildung und Hochschulbildung jeweils einem eigenem Ministerium untergeordnet. Es sind aber nur etwa die Hälfte aller Universitäten und Hochschulen auch wirklich dem Hochschulministerium unterstellt. Eine große Anzahl von Hochschulen mit ausgeprägt speziellem Profil unterliegt der Weisungshoheit anderer Fachministerien oder des Ministerkabinetts der Republik Uzbekistan. So unterstehen z.B. die pädagogischen Institute dem Ministerium für Volksbildung, die Taschkenter Hochschule für Weltwirtschaft und Diplomatie dem Ministerkabinett Uzbekistans, das Juristische Institut in Taschkent dem Justizministerium. Maßgeblichen Einfluß auf den Bildungssektor üben darüber hinaus die lokalen Verwaltungen (hokimijat), das Finanzministerium, das Staatliche Komitee für Prognose und Statistik aus. Hinzu kommen die Akademie der Wissenschaften als selbständige Körperschaft sowie das Staatliche Komitee für Wissenschaft und Technik. Informationsfluß und -austausch zwischen den beteiligten Behörden und Institutionen sind häufig unbefriedigend, Transparenz bei der Entscheidungsfindung und praktischen Umsetzung von Beschlüssen nicht die Regel. Die seit Anfang der neunziger Jahre unternommenen ersten Schritte zur Neugestaltung des Bildungswesens, wie die Errichtung von neuen Bildungseinrichtungen (Gymnasien, Lyzeen), die Einführung eines neuen Systems der Zulassung von StudienanfängerInnen zum Hochschulstudium durch sog. Testierung (die im übrigen nicht unumstritten ist) oder der Übergang zum mehrstufigen Hochschulstudium waren - wie uzbekische Kritiker bemängelten - nur ungenügend vorbereitet und nicht miteinander verbunden.

Ein kontinuierliches policy making war im Bildungssektor Uzbekistans bis in die jüngste Vergangenheit kaum festzustellen. Es setzt einen komplexen Herangang an die gesamte Problematik voraus, den die uzbekische Führung bisher vermissen ließ. So verwundert es nicht, daß im Grunde erst jetzt damit begonnen wird, im Rahmen des im März 1997 angekündigten Nationalen Programmes für die Ausbildung von Kadern tiefgreifende Maßnahmen zur Anpassung des Bildungssystems an die Realität der Übergangsperiode zur Marktwirtschaft auszuarbeiten. Die Leitung des Bildungs- und Hochschulwesens war bislang vor allem als mühsame und sprunghafte Verwaltung des Vorhandenen zu bezeichnen, nicht selten geprägt von Inkompetenz oder Egoismus der jeweiligen Funktionäre ebenso wie durch unzureichende Koordinierung zwischen den verschiedenen involvierten Behörden. Oft genug muß sogar von Mangelverwaltung gesprochen werden, was nicht nur Einrichtungen in der Provinz betrifft. Klagen über das Fehlen materieller und finanzieller Ressourcen sowie qualifizierten Personals wurden mir an allen Hochschul- und Forschungseinrichtungen, die ich besucht habe, vorgetragen. 1992 - 1993 insgesamt flossen ca. 25% aller öffentlichen Ausgaben (d.h., Ausgaben der lokalen Verwaltungen und aus dem Staatshaushalt zusammengenommen) dem Bildungssektor zu. Gemessen an diesen Aufwendungen können die vorliegenden Resultate der Neugestaltung von Bildungs- und Hochschulwesen nicht befriedigen.

Die Umgestaltung des Bildungs- und Hochschulwesens ist für Uzbekistan nicht nur in ökonomischer Hinsicht eine sehr große Herausforderung. Eine umfassende Bildungsreform kann nicht allein bei finanziellen und materiellen Aufwendungen zur Erarbeitung und Einführung neuer Wissenschafts- und Lehrprogramme, zur Pflege internationaler Wissenschaftsbeziehungen oder dringend notwendiger Investitionen in die materielle Basis und Infrastruktur von Hochschul- und Forschungseinrichtungen ansetzen. Die oben erwähnten unübersichtliche Kompetenzverteilungen und die mangelnde Beweglichkeit des Behördenapparates - nicht zuletzt hinsichtlich der internationalen Zusammenarbeit - weisen darauf hin, welche Dimensionen eine Reform des Bildungssektors in Uzbekistan haben muß.

Gegenwärtig ist es vor allem die oft schleppende und mangelhaft koordinierte Tätigkeit der einzelnen Verwaltungsebenen in Behörden und Hochschulen, die sich nachteilig auf die internationale Kooperationsfähigkeit der Hochschul- und Forschungseinrichtungen auswirkt. Es bleibt oft unklar, von welchen Prämissen die Arbeit in den Verwaltungsgremien tatsächlich geleitet wird und welche Personen als geeignete AnsprechpartnerInnen in Frage kommen, da vor allem in den unteren und mittleren Ebenen die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung nicht sehr ausgeprägt ist. Hierbei spielt das oben angesprochene, ausgeprägte Hierarchiebewußtsein eine ebenso wichtige Rolle wie die sehr geringen Gehälter des Hochschulpersonals, die sich negativ auf die Motivation des Hochschulpersonals auswirken. Kreativität und Initiativgeist von FunktionsträgerInnen sind demzufolge oft sehr gering und werden zudem nicht selten durch Eingriffe wissenschaftsfremder Verwaltungsorgane in die Hochschuladministration konterkariert. Verantwortung wird häufig von (zumeist älteren) Kadern ausgeübt, die ihre Position nicht selten weniger ihrer professionellen Integrität als vielmehr ihren persönlichen Beziehungen und opportunistischen Loyalitäten zu verdanken scheinen. Sie verfügen offensichtlich über Möglichkeiten, selbst Einfluß zu nehmen und entsprechend Entscheidungen fördern oder verhindern zu können, nicht zuletzt indem sie Wissen bzw. Informationen gewissermaßen in ihren Händen monopolisieren und ihren eigenen Interessen entsprechend einsetzen. Dieser Umstand hemmt einen geordneten, reibungslosen Informationsfluß in den Behörden und steht einem Führungswandel entgegen, obwohl sich inzwischen eine Generation von Nachwuchskadern entwickelt hat, die aufgrund ihrer Qualifikation eher befähigt scheinen, bestimmte Funktionen auszuüben, gegenwärtig jedoch nur punktuell zum Zuge kommen. Die Reform des Bildungs- und Hochschulwesens käme nicht umhin, hier einen Schnitt zu vollziehen. Eine Verschlankung der Verwaltungsapparate, die Verflachung der Entscheidungshierarchien sowie die Verbesserung der Koordinierung der in die Planung und Leitung des Bildungswesens involvierten Behörden sind für den dauerhaften Erfolg der Hochschulerneuerung unverzichtbar. Sie würden darüber hinaus die internationale Kooperationsfähigkeit der uzbekischen Hochschul- und Forschungseinrichtungen beträchtlich erhöhen.

Die zentralistische Leitung von wissenschaftlicher Forschung und Lehre in Uzbekistan bewirkt, daß eine zentral institutionalisierte Zusammenarbeit zwischen ausländischen und uzbekischen Hochschul- und Forschungseinrichtungen einer dezentralen Kooperation zwischen einzelnen Hochschuleinheiten, Instituten und Lehrstühlen vorgezogen wird. Dies ist jedoch unter uzbekischen WissenschaftlerInnen nicht unumstritten und wird vor allem von Partnerinstitutionen in Deutschland als unvorteilhaft angesehen, da eine effiziente Durchführung von gemeinsamen Projekten o.ä. aufgrund der oben beschriebenen Probleme nicht in jedem Falle gewährleistet werden könne.

Weiterhin ist festzustellen, daß sich uzbekische WissenschaftsadministratorInnen noch zu oft auf die Position zurückziehen, daß es die ausländischen Seiten sein müßten, die gegenüber den uzbekischen Verantwortlichen ihre Interessen und Vorschläge formulieren sollten. Begründet wird dies nicht selten mit der Begrenztheit der zur Verfügung stehenden Mittel und den fehlenden Erfahrungen im Bereich der internationalen Wissenschaftskooperation. Statt auf Aktivität und Eigeninitiative trifft man daher häufig leider nur auf eine (mitunter überzogene) Erwartungshaltung. Zusammenarbeit mit uzbekischen Partnereinrichtungen sollte daher von Beginn an das Gemeinsame betonen. Verantwortlichkeiten und Kompetenzen aller beteiligten Seiten sollten für jeden einzelnen Schritt im voraus genau geklärt sein. Die Kooperationsziele und -inhalte müssen von allen involvierten PartnerInnen getragen werden. Der Informationsaustausch zwischen den Beteiligten muß transparent sein. Eine "Zusammenarbeit", die aus u.U. falsch verstandenem Gefühl von Hilfsbereitschaft einseitig den Wünschen und Forderungen der uzbekischen Seite folgt, wird m.E. auf Dauer kaum erfolgreich sein können und geht an den eigentlich in Uzbekistan bestehendem Bedürfnissen vorbei.

Dabei bleibt es zunächst auch abzuwarten, inwieweit die im Oktober 1997 veröffentlichte Verfügung des Präsidenten ISLOM KARIMOV sowie das neue Gesetz "Über die Bildung", das am 29. August 1997 verabschiedet wurde, eine positive Entwicklung des uzbekischen Bildungssystems voranzutreiben vermögen.

Tadshikistan

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt müssen viele der oben für Uzbekistan getroffenen Aussagen hinsichtlich der Struktur des Bildungs- und Hochschulwesens auch für Tadshikistan getroffen werden. Allerdings unterscheiden sich die Ausgangsbedingungen zwischen dem vom Bürgerkrieg erschütterten Tadshikistan und dem trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten in einer relativen innenpolitischen Stabilität lebenden Uzbekistan doch sehr erheblich.

Die innere Struktur des tadshikischen Hochschulwesens, die Curricula und Lehrmethoden entsprechen noch weitgehend denen der sowjetischen Hochschultradition, allerdings wurden auch in Tadshikistan Schritte zum Übergang zu einem mehrstufigen Hochschulbildungssystem vollzogen. Die schwierige innenpolitische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung seit der Verkündung der staatlichen Unabhängigkeit ließ Fragen der Entwicklung des Bildungswesens bisher jedoch eher als zweitrangigen Tagesordnungspunkt erscheinen. So muß es als außerordentliche hohe Leistung angesehen werden, daß ungeachtet aller Schwierigkeiten Forschung und Lehre zumindest in Teilen aufrechterhalten werden konnten. Darüber hinaus wurde mit dem Aufbau neuer Typen von Bildungseinrichtungen wie Colleges und neuer Hochschulen wie der Slawischen Universität Duschanbe begonnen. Die materielle Grundlage dieser Neugründungen ist allerdings sehr schmal und noch nicht dauerhaft gesichert.

Volks- und Hochschulbildung sind in Tadshikistan nominell einem einheitlichen Ministerium für Bildung untergeordnet. Hinsichtlich des Hochschulwesens muß angemerkt werden, daß eine große Anzahl von Hochschulen anderen Fachministerien untergeordnet sind, wie etwa dem Landwirtschaftsministerium oder dem Gesundheitsministerium. Dem Bildungsministerium unterstehen insgesamt nur zwölf der insgesamt 23 tadshikischen Hochschulen und Universitäten. Der Kontakt zu Universitäten in der Provinz, v.a. Kulob und Kurgan-Tube war infolge der politischen Instabilität über Jahre hinweg brüchig. Auch in Tadshikistan sind wissenschaftliche Forschung und Lehre entsprechend der übernommenen sowjetischen Wissenschaftstradition institutionell weitgehend voneinander getrennt. Die Akademie der Wissenschaften, an der die Forschung konzentriert ist, agiert als mehr oder minder selbständige Körperschaft, während die wissenschaftliche Lehre den Hochschulen, die nur über lose Verbindungen zur Akademie der Wissenschaften verfügen, obliegt. Organisation und Verwaltung der Hochschul- und Forschungseinrichtungen sind stark zentralisiert. Grundsätzlich werden aber den Hochschulen vom Bildungsgesetz Möglichkeiten zur Selbstverwaltung eingeräumt. Die bisher eher sporadische Nutzung dieser Möglichkeiten deutet auf eine tendenzielle Passivität einiger WissenschaftsadministratorInnen hin. Auch in Tadshikistan ist die Kommunikation und Koordinierung zwischen den beteiligten Behörden teilweise sehr problematisch. Allzu starre Hierarchien sowie eine teilweise starke Fluktuation in einigen Verwaltungsbereichen stehen einer effizienten Arbeit des Apparates entgegen. Dies betrifft nach meinen persönlichen Erfahrungen vor allem die Leitungstätigkeit durch das Bildungsministerium. Arbeitsbeziehungen zu den darunter liegenden Verwaltungsebenen an den einzelnen Hochschulen selbst scheinen insgesamt unkomplizierter zu funktionieren.

Die materielle Ausstattung der Bildungs- und Forschungseinrichtungen ist häufig beklagenswert. Oft fehlt es sogar an grundlegenden Lehrmitteln und Ausrüstung. Investitionen in die Infrastruktur des Bildungssystems sind überfällig. Die ohnehin geringen Gehälter, die das Überleben monatlich werden häufig erst mit monatelanger Verspätung gezahlt.

Während des Bürgerkrieges war eine starke Abwanderung von SpezialistInnen (häufig nichttadshikischer Herkunft) zu verzeichnen. An der Historischen Fakultät der Nationalen Tadshikischen Staatlichen Universität ist z.B. kein einziger nichttadshikischer Wissenschaftler verblieben. Aus diesem Grunde können Forschungsthemen teilweise gar nicht mehr oder nur eingeschränkt weiterbearbeitet werden.

Der Übergang zum mehrstufigen System der Hochschulbildung (Bakkalaureat, Magistratur, Diplom sowie Collegestudiengänge mit sog. unvollständiger Hochschulbildung) ist mit großen materiellen und methodisch-didaktischen Schwierigkeiten verbunden. Es fehlen Lehrbücher, die den Anforderungen des neuen Ausbildungssystems Rechnung tragen. Die Erarbeitung neuer Lehrpläne und neuer methodischer Ansätze ist bisher nur unzureichend vorangeschritten. Besonders hier wirken sich die nur sehr begrenzen Möglichkeiten zur Kommunikation und zum Erfahrungsaustausch in internationalem Rahmen nachteilig aus. Das Lehrpersonal muß überwiegend noch auf inzwischen veraltete Literatur und Lehrpläne aus sowjetischen Zeiten zurückgreifen oder arbeitet z.T. nach Lehrplänen aus der Russischen Föderation. Unter diesen Umständen muß gegenwärtig noch davon ausgegangen werden, daß der Übergang zum mehrstufigen Ausbildungssystem an den Hochschulen eher nomineller Natur ist.

Aufgrund der sehr angespannten wirtschaftlichen Lage wird Tadshikistan auf absehbare Zeit nicht in der Lage sein, mit eigenen zusätzlichen Mitteln einen Um- und Ausbau des Bildungs- und Hochschulwesens in größerem Umfang voranzutreiben. Die politische Instabilität schränkte darüber hinaus die Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen bei der Reformierung des Bildungswesens in Tadshikistan stark ein. Die Vertretungen der UNO sowie einiger internationaler Hilfsorganisationen in Duschanbe wurden z.T. erst im Frühjahr 1997 wiedereröffnet. Sollten die Bemühungen um eine Beilegung des Konflikts in Tadshikistan jedoch erfolgreich sein - das Memorandum von Bischkek vom Mai 1997 gibt zu solchen Hoffnungen Anlaß - kommen der Sanierung und der Reform des Bildungssystems höchste Bedeutung zu. Neben der gesellschaftlichen Notwendigkeit nach Veränderungen infolge der staatlichen Unabhängigkeit in diesem Bereich zwingen das nach wie vor sehr hohe Bevölkerungswachstum und der damit verbundene Bedarf an Schul- und Studienplätzen die tadshikische Regierung zu umfassenden Maßnahmen, um das Bildungs- und Hochschulwesen den kommenden Aufgaben entsprechend zu gestalten.

Anders als in Uzbekistan, wo die selbständig nationale Herangehensweise an die Lösung der Probleme des Bildungs- und Hochschulwesens (trotz Inanspruchnahme internationaler Unterstützung) gern herausgestellt wird und man versucht ist, von einer Uzbekisierung des Bildungswesens zu sprechen, hat sich in Tadshikistan offenbar ein kooperativer Herangang an diese Thematik durchgesetzt. Angesichts der Beschränktheit der eigenen materiellen Ressourcen versucht die tadshikische Regierung die Herausforderung der Bildungsreform u.a. durch eine enge Kooperation mit der Russischen Föderation und internationalen Organisationen zu meistern. Im Januar 1997 unterzeichnete die Regierung Tadshikistans mit einigen anderen Mitgliedsstaaten der GUS (darunter Rußland, Armenien, Kyrgystan) ein Abkommen über einen "gemeinsamen Bildungsraum", das in der Zukunft u.a. kompatible Bildungsstandards in den Vertragsstaaten vorsieht. Uzbekistan trat diesem Abkommen vorerst nicht bei.

Die gegenwärtigen Bedingungen für eine geregelte tadshikisch-deutsche Hochschulzusammenarbeit scheinen denkbar ungünstig. Tatsächlich dürfte der materielle Aufwand enorm hoch sein. Dies betrifft im wesentlichen die Schaffung von technischen Standardvoraussetzungen für eine internationale Zusammenarbeit. Ausgehend von der Tatsache, daß in Tadshikistan nach wie vor eine große Anzahl hochqualifizierter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler tätig ist, die dringend Anschluß an die internationale wissenschaftliche Gemeinschaft suchen und namentlich an Kontakten nach Deutschland interessiert sind, sollten auf dieser Grundlage die Anbahnung von Kontakten und Beziehungen und die Durchführung gemeinsamer Projekte grundsätzlich möglich sein. Dafür spricht u.a. eine funktionierende informelle Kooperation der Humboldt-Universität Berlin und der Universität Bamberg mit WissenschaftlerInnen in Duschanbe.

Wichtigste Bedingung für eine Zusammenarbeit mit tadshikischen Hochschul- und Forschungseinrichtungen, vor allem aber mit dem Bildungsministerium, ist daß derartige Beziehungen nicht einseitig mit Inhalten gefüllt und ausgestaltet werden müssen und das Gemeinsame Priorität genießt. Als mögliche Schwerpunkte einer Zusammenarbeit wurden mir von tadshikischen WissenschaftlerInnen die Beratung bei der Gestaltung neuer Curricula und der Erarbeitung neuer Lehrmethoden ebenso genannt, wie die Wiederaufnahme von Forschungsthemen, die wegen der Abwanderung von WissenschaftlerInnen aus Tadshikistan zunächst eingestellt werden mußten und die Fremdsprachenausbildung.

Summary

The administrative structures of the systems of higher education in Uzbekistan and Tajikistan have remained almost unchanged since the declaration of independence in 1991. These structures mainly reflect the Soviet tradition of higher education. Academic teaching appears to be separated from scientific research, which mainly takes place at highly specialised institutions belonging to the Academies of Sciences. The relations between the universities and the academies are on a quite low level. Both countries have to reorganise their national systems of higher and basic education to meet the actual requirements related with independence and the aims of political, economic and cultural development. The conditions for these changes are quite different in Uzbekistan and Tajikistan. While the political situation in Uzbekistan in spite of a difficult economic situation has been relatively stable since the beginning of the 1990s, Tajikistan has found itself in a deep economic and political crisis as a result of a civil war since 1992.

In March 1997 the Uzbek Cabinet of ministers issued an order about the creation of a "National Programme for the Education of Cadres". The aim of this programme is the consequent reorganisation of the whole Uzbek educational system by using international experiences in this field. In Tajikistan the system of higher and basic education has been kept in work during the civil war but of course only on a very limited level. It seems that the negotiations and compromises on relevant questions between the Tajik conflict parties - such as the "Memorandum of Bishkek" (May 1997) have lately created the conditions for reorganisation and modernisation of the educational structures in this country. But, Tajikistan will depend on extensive help and assistance from abroad to build up a modern system of higher education in the near future.

Co-operation in the field of higher education and scientific research between Germany and Uzbekistan and Tajikistan is difficult not only because of the long distance. Besides research work and exchange of students (until now mainly from Uzbekistan and Tajikistan to Germany) co-operation also means participation and assistance of German institutions of higher education and research in the upper mentioned process of reorganisation in both countries. Unfortunately today's interest of German institutions for co-operation with Uzbek and/or Tajik universities is not very well developed. The existing difficulties in co-operation result mainly from administrative and organisational weaknesses in Uzbekistan's and Tajikistan's bureaucracies and from the passivity of a great part of their functionaries.

 


Hochschulwesen und Wissenschaft in Uzbekistan und Tadshikistan - Möglichkeiten der Kooperation mit deutschen Partnern

(Ergebnispräsentation vor den KollegiatInnen des Stiftungskollegs für internationale Aufgaben der die Robert Bosch Stiftung; Bonn, 22. 09. 1997)

 

Projektidee, Methodik, Arbeitsstationen

 

            Hintergrund des Projektes war das große Informationsdefizit über die hochschulpolitische Entwicklung der mittelasiatischen ehemaligen Sowjetrepubliken nach Verkündung ihrer politischen Unabhängigkeit in der Bundesrepublik Deutschland bei gleichzeitig wachsendem Interesse an einer wissenschaftlichen Kooperation mit Hochschul- und Forschungseinrichtungen aus dieser Region. Die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen in diesen Ländern sowie die aus der Ferne ansatzweise erkennbaren unterschiedlichen Herangehensweisen der jeweiligen Regierungen an die Erneuerung des Bildungswesens ließen eine eingehende Untersuchung sinnvoll erscheinen, um die Spezifika in der Hochschulpolitik der einzelnen Staaten zu erfassen und in einer zukünftigen Zusammenarbeit berücksichtigen zu können.

 

            Um einen geeigneten Zugang zum gestellten Problem zu gewinnen, waren - neben entsprechenden Literaturrecherchen - umfangreiche mündliche und schriftliche Konsultationen mit deutschen Institutionen und WissenschaftlerInnen, die über einschlägige Erfahrungen aus der Kooperation mit Partnereinrichtungen in Mittelasien verfügten, Hauptinhalt meiner Vorbereitung auf die Projektarbeit in Uzbekistan und Tadshikistan selbst. Hierzu zählte u.a. ein einmonatiger Arbeitsaufenthalt in der Zentrale des Deutschen Akademischen Austauschdienstes in Bonn. Die Kontaktaufnahme zu potentiellen PartnerInnen in Deutschland gestaltete sich unerwartet schwierig, weil leider nur eine geringe Zahl der schriftlich kontaktierten Einrichtungen meine Informationsersuchen beantwortete. Die in Deutschland gewonnenen Erfahrungen flossen in einen von mir erstellten Fragebogen ein, der meinen Gesprächen mit WissenschaftlerInnen und WissenschaftsadministratorInnen in Uzbekistan und Tadshikistan als Leitfaden diente.

 

            Die Projektumsetzung erfolgte durch o.g. Aufenthalt im DAAD und Konsultationen im DAAD-Regionallektorat Uzbekistan in Taschkent, im Hoch- und Fachschulministerium Uzbekistans, im Bildungsministerium Tadshikistans, in den Deutschen Botschaften Taschkent und Duschanbe sowie durch eine Vielzahl von Gesprächen an ausgewählten uzbekischen und tadshikischen Hochschulen. Den Abschluß bildete ein Praktikum im Referat Auslandsbeziehungen der Hochschulrektorenkonferenz in Bonn.

 

Uzbekistan

 

            Die Struktur des uzbekischen Hochschulwesens widerspiegelt weitgehend das Erbe der sowjetischen Wissenschaftstraditionen und hat sich bisher nur geringfügig verändert. Die starke institutionelle Trennung zwischen wissenschaftlicher Forschung an Akademieinstituten oder ähnlichen Einrichtungen einerseits und wissenschaftlicher Lehre an den Hochschulen andererseits wurde bislang ebenso beibehalten wie die ausgeprägt zentralistische Art und Weise der Hochschul- und Wissenschaftsorganisation bzw. -verwaltung. Strukturen und Tätigkeitsfelder wissenschaftlicher Einrichtungen wurden und werden zentral geplant, geleitet und beaufsichtigt. Wissenschaftliche Forschung ist beinahe ausschließlich an außeruniversitären Forschungsinstituten der Akademie der Wissenschaften konzentriert. Den Hochschulen obliegt die Ausbildung von Fachkräften für Wirtschaft und staatliche Verwaltung. Allerdings steht die Lehre „nicht gleichberechtigt neben der Forschung“, wie es auch schon für die sowjetische Hochschultradition charakteristisch war.[i] Bedingt durch die strikte organisatorische Trennung von akademischer Lehre und Forschung weist die Lehre an den Hochschulen einen hohen Grad an „Verschulung“ auf. Andere Faktoren, die diese Tendenz stärken, sind in dem - an westeuropäischen Maßstäben gemessen - geringen Alter der StudienanfängerInnen (i.d.R. 16 bis 17 Jahre) und dem in der mittelasiatischen Kulturtradition sehr ausgeprägten Hierarchiebewußtsein zu suchen.[ii] Die streng einheitlichen Lehrpläne, starre Prüfungsverfahren und umfangreiche Lehrdeputate der HochschullehrerInnen lassen darüber hinaus nur relativ wenig Freiraum für einen schöpferischen Umgang mit Lehrinhalten oder das Erproben neuer Lehrmethoden.

 

            Die angesprochene zentralistische Leitung und Kontrolle der Hochschulen engt den Handlungsspielraum der jeweiligen Universitäts- oder Institutsleitung teilweise erheblich ein, wenngleich das Bildungsgesetz eine gewisse Selbständigkeit der Hochschulen ausdrücklich vorsieht. Tatsächlich aber können Entscheidungen in solch wichtigen Fragen, wie etwa Lehrplanerstellung, Studienplatzzahlen und - nach meiner Erfahrung - oft auch Auslandskontakte (Reisetätigkeit) in aller Regel kaum ohne Wissen oder Zustimmung des Hochschul- bzw. Bildungsministeriums getroffen werden.

 

            1994 umfaßte der Anteil von Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahren etwa 40% der uzbekischen Gesamtbevölkerung.[iii] Das natürliche Bevölkerungswachstum war 1993 mit 22 Geburten je 1000 Einwohnern eines der höchsten innerhalb der GUS.[iv] Diese demographische Entwicklung Uzbekistans und der für die kommenden Jahre prognostizierte Bedarf an zusätzlichen Schul- und Studienplätzen unterstreichen den Reformbedarf im Bildungs- und Hochschulwesen.

 

            Die dringende Notwendigkeit einer Erneuerung des Bildungswesens Uzbekistans ist bereits vor mehreren Jahren erkannt und diskutiert worden. Seit 1992/93 wurde ein schrittweiser Übergang zu einem mehrstufigen System der Hochschulbildung (Einführung von Bakkalaureat und Magistratur) vollzogen. Neue Hochschulen wie die Universität für Weltwirtschaft und Diplomatie in Taschkent wurden geschaffen und bestehende Hochschulinstitute in Universitäten umgewandelt wie z.B. die Universität für Wirtschaft in Taschkent, die aus dem Institut für Volkswirtschaft hervorging, oder die Universität Urganch. In einer Rede anläßlich der Eröffnung der Akademie für Staats- und Gesellschaftsaufbau bezog der uzbekische Staatspräsident Karimov im Oktober 1995 öffentlich Stellung zur Situation im Bildungs- und Hochschulbereich. Karimov erklärte, daß der uzbekische Bildungssektor bis dato einen großen Schwachpunkt dargestellt habe und der weitere Fortgang der gesellschaftlichen Reformen ohne Änderungen in diesem Bereich früher oder später durch einen Mangel an qualifiziertem Personal und geeigneten Führungskräften erheblich erschwert werden würde.[v] Karimovs Feststellung, daß das gesamte uzbekische Bildungssystem bis zum damaligen Zeitpunkt (Oktober 1995) kaum grundlegende Veränderungen erfahren habe[vi], muß bezüglich der Organisation und Verwaltung des Bildungs- und Hochschulwesens für die Zeit bis Mitte 1997 beibehalten werden.

 

            Die tatsächliche Umsetzung der in o.g. Präsidentenrede angesprochenen „erstrangigen Aufgabe“, nämlich die Schaffung eines „kontinuierlichen Systems der Ausbildung und Umschulung von Kadern“[vii], kam in der Praxis nur langsam voran. Die Gründe dafür dürften vor allem in der Schwerfälligkeit der zuständigen Behörden, dem Fehlen moderner Konzepte und von Erfahrungen sowie vor allem in der unübersichtlichen Kompetenz- und Aufgabenwahrnehmung im Bildungssektor zu suchen sein. In Uzbekistan sind Volksbildung und Hochschulbildung jeweils einem eigenem Ministerium untergeordnet. Es sind aber nur etwa die Hälfte aller Universitäten und Hochschulen auch wirklich dem Hochschulministerium unterstellt. Eine große Anzahl von Hochschulen mit ausgeprägt speziellem Profil unterliegt der Weisungshoheit anderer Fachministerien oder des Ministerkabinetts der Republik Uzbekistan. So unterstehen z.B. die pädagogischen Institute dem Ministerium für Volksbildung, die Taschkenter Hochschule für Weltwirtschaft und Diplomatie dem Ministerkabinett Uzbekistans, das Juristische Institut in Taschkent dem Justizministerium. Maßgeblichen Einfluß auf den Bildungssektor üben darüber hinaus die lokalen Verwaltungen (hokimijat), das Finanzministerium, das Staatliche Komitee für Prognose und Statistik aus. Hinzu kommen die Akademie der Wissenschaften als selbständige Körperschaft sowie das Staatliche Komitee für Wissenschaft und Technik. Informationsfluß und -austausch zwischen den beteiligten Behörden und Institutionen sind häufig unbefriedigend, Transparenz bei der Entscheidungsfindung und praktischen Umsetzung von Beschlüssen nicht die Regel.[viii] Die seit Anfang der neunziger Jahre unternommenen ersten Schritte zur Neugestaltung des Bildungswesens, wie die Errichtung von neuen Bildungseinrichtungen (Gymnasien, Lyzeen), die Einführung eines neuen Systems der Zulassung von StudienanfängerInnen zum Hochschulstudium durch sog. Testierung (die im übrigen nicht unumstritten ist) oder der Übergang zum mehrstufigen Hochschulstudium waren - wie uzbekische Kritiker bemängelten - nur ungenügend vorbereitet und nicht miteinander verbunden.[ix]

 

            Ein kontinuierliches policy making war im Bildungssektor Uzbekistans bis in die jüngste Vergangenheit kaum festzustellen. Es setzt einen komplexen Herangang an die gesamte Problematik voraus, den die uzbekische Führung bisher vermissen ließ. So verwundert es nicht, daß im Grunde erst jetzt damit begonnen wird, im Rahmen des im März 1997 angekündigten Nationalen Programmes für die Ausbildung von Kadern[x] tiefgreifende Maßnahmen zur Anpassung des Bildungssystems an die Realität der Übergangsperiode zur Marktwirtschaft auszuarbeiten. Die Leitung des Bildungs- und Hochschulwesens war bislang vor allem als mühsame und sprunghafte Verwaltung des Vorhandenen zu bezeichnen, nicht selten geprägt von Inkompetenz oder Egoismus der jeweiligen Funktionäre ebenso wie durch unzureichende Koordinierung zwischen den verschiedenen involvierten Behörden. Oft genug muß sogar von Mangelverwaltung gesprochen werden, was nicht nur Einrichtungen in der Provinz betrifft. Klagen über das Fehlen materieller und finanzieller Ressourcen sowie qualifizierten Personals wurden mir an allen Hochschul- und Forschungseinrichtungen, die ich besucht habe, vorgetragen. 1992 - 1993 insgesamt flossen ca. 25% aller öffentlichen Ausgaben (d.h., Ausgaben der lokalen Verwaltungen und aus dem Staatshaushalt zusammengenommen) dem Bildungssektor zu.[xi] Gemessen an diesen Aufwendungen können die vorliegenden Resultate der Neugestaltung von Bildungs- und Hochschulwesen nicht befriedigen.

 

            Die Umgestaltung des Bildungs- und Hochschulwesens ist für Uzbekistan nicht nur in ökonomischer Hinsicht eine sehr große Herausforderung. Eine umfassende Bildungsreform kann nicht allein bei finanziellen und materiellen Aufwendungen zur Erarbeitung und Einführung neuer Wissenschafts- und Lehrprogramme, zur Pflege internationaler Wissenschaftsbeziehungen oder dringend notwendiger Investitionen in die materielle Basis und Infrastruktur von Hochschul- und Forschungseinrichtungen ansetzen. Die oben erwähnten unübersichtliche Kompetenzverteilungen und die mangelnde Beweglichkeit des Behördenapparates - nicht zuletzt hinsichtlich der internationalen Zusammenarbeit - weisen darauf hin, welche Dimensionen eine Reform des Bildungssektors in Uzbekistan haben muß.

 

            Gegenwärtig ist es vor allem die oft schleppende und mangelhaft koordinierte Tätigkeit der einzelnen Verwaltungsebenen in Behörden und Hochschulen, die sich nachteilig auf die internationale Kooperationsfähigkeit der Hochschul- und Forschungseinrichtungen auswirkt. Es bleibt oft unklar, von welchen Prämissen die Arbeit in den Verwaltungsgremien tatsächlich geleitet wird und welche Personen als geeignete AnsprechpartnerInnen in Frage kommen, da vor allem in den unteren und mittleren Ebenen die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung nicht sehr ausgeprägt ist. Hierbei spielt das oben angesprochene, ausgeprägte Hierarchiebewußtsein eine ebenso wichtige Rolle wie die sehr geringen Gehälter des Hochschulpersonals, die sich negativ auf die Motivation des Hochschulpersonals auswirken. Kreativität und Initiativgeist von FunktionsträgerInnen sind demzufolge oft sehr gering und werden zudem nicht selten durch Eingriffe wissenschaftsfremder Verwaltungsorgane in die Hochschuladministration konterkariert. Verantwortung wird häufig von (zumeist älteren) Kadern ausgeübt, die ihre Position nicht selten weniger ihrer professionellen Integrität als vielmehr ihren persönlichen Beziehungen und opportunistischen Loyalitäten zu verdanken scheinen. Sie verfügen offensichtlich über Möglichkeiten, selbst Einfluß zu nehmen und entsprechend Entscheidungen fördern oder verhindern zu können, nicht zuletzt indem sie Wissen bzw. Informationen gewissermaßen in ihren Händen monopolisieren und ihren eigenen Interessen entsprechend einsetzen. Dieser Umstand hemmt einen geordneten, reibungslosen Informationsfluß in den Behörden und steht einem Führungswandel entgegen, obwohl sich inzwischen eine Generation von Nachwuchskadern entwickelt hat, die aufgrund ihrer Qualifikation eher befähigt scheinen, bestimmte Funktionen auszuüben, gegenwärtig jedoch nur punktuell zum Zuge kommen. Die Reform des Bildungs- und Hochschulwesens käme nicht umhin, hier einen Schnitt zu vollziehen. Eine Verschlankung der Verwaltungsapparate, die Verflachung der Entscheidungshierarchien sowie die Verbesserung der Koordinierung der in die Planung und Leitung des Bildungswesens involvierten Behörden sind für den dauerhaften Erfolg der Hochschulerneuerung unverzichtbar. Sie würden darüber hinaus die internationale Kooperationsfähigkeit der uzbekischen Hochschul- und Forschungseinrichtungen beträchtlich erhöhen.

 

            Die zentralistische Leitung von wissenschaftlicher Forschung und Lehre in Uzbekistan bewirkt, daß eine zentral institutionalisierte Zusammenarbeit zwischen ausländischen und uzbekischen Hochschul- und Forschungseinrichtungen einer dezentralen Kooperation zwischen einzelnen Hochschuleinheiten, Instituten und Lehrstühlen vorgezogen wird. Dies ist jedoch unter uzbekischen WissenschaftlerInnen nicht unumstritten und wird vor allem von Partnerinstitutionen in Deutschland als unvorteilhaft angesehen, da eine effiziente Durchführung von gemeinsamen Projekten o.ä. aufgrund der oben beschriebenen Probleme nicht in jedem Falle gewährleistet werden könne.

 

            Weiterhin ist festzustellen, daß sich uzbekische WissenschaftsadministratorInnen noch zu oft auf die Position zurückziehen, daß es die ausländischen Seiten sein müßten, die gegenüber den uzbekischen Verantwortlichen ihre Interessen und Vorschläge formulieren sollten. Begründet wird dies nicht selten mit der Begrenztheit der zur Verfügung stehenden Mittel und den fehlenden Erfahrungen im Bereich der internationalen Wissenschaftskooperation. Statt auf Aktivität und Eigeninitiative trifft man daher häufig leider nur auf eine (mitunter überzogene) Erwartungshaltung. Zusammenarbeit mit uzbekischen Partnereinrichtungen sollte daher von Beginn an das Gemeinsame betonen. Verantwortlichkeiten und Kompetenzen aller beteiligten Seiten sollten für jeden einzelnen Schritt im voraus genau geklärt sein. Die Kooperationsziele und -inhalte müssen von allen involvierten PartnerInnen getragen werden. Der Informationsaustausch zwischen den Beteiligten muß transparent sein. Eine „Zusammenarbeit“, die aus u.U. falsch verstandenem Gefühl von Hilfsbereitschaft einseitig den Wünschen und Forderungen der uzbekischen Seite folgt, wird m.E. auf Dauer kaum erfolgreich sein können und geht an den eigentlich in Uzbekistan bestehendem Bedürfnissen vorbei.

 

Tadshikistan

 

            Zum gegenwärtigen Zeitpunkt müssen viele der oben für Uzbekistan getroffenen Aussagen hinsichtlich der Struktur des Bildungs- und Hochschulwesens auch für Tadshikistan getroffen werden. Allerdings unterscheiden sich die Ausgangsbedingungen zwischen dem vom Bürgerkrieg erschütterten Tadshikistan[xii] und dem trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten in einer relativen innenpolitischen Stabilität lebenden Uzbekistan doch sehr erheblich.

 

            Die innere Struktur des tadshikischen Hochschulwesens, die Curricula und Lehrmethoden entsprechen noch weitgehend denen der sowjetischen Hochschultradition, allerdings wurden auch in Tadshikistan Schritte zum Übergang zu einem mehrstufigen Hochschulbildungssystem vollzogen. Die schwierige innenpolitische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung seit der Verkündung der staatlichen Unabhängigkeit ließ Fragen der Entwicklung des Bildungswesens bisher jedoch eher als zweitrangigen Tagesordnungspunkt erscheinen. So muß es als außerordentliche hohe Leistung angesehen werden, daß ungeachtet aller Schwierigkeiten Forschung und Lehre zumindest in Teilen aufrechterhalten werden konnten. Darüber hinaus wurde mit dem Aufbau neuer Typen von Bildungseinrichtungen wie Colleges und neuer Hochschulen wie der Slawischen Universität Duschanbe begonnen. Die materielle Grundlage dieser Neugründungen ist allerdings sehr schmal und noch nicht dauerhaft gesichert.

 

            Volks- und Hochschulbildung sind in Tadshikistan nominell einem einheitlichen Ministerium für Bildung untergeordnet. Hinsichtlich des Hochschulwesens muß angemerkt werden, daß eine große Anzahl von Hochschulen anderen Fachministerien untergeordnet sind, wie etwa dem Landwirtschaftsministerium oder dem Gesundheitsministerium. Dem Bildungsministerium unterstehen insgesamt nur zwölf der insgesamt 23 tadshikischen Hochschulen und Universitäten. Der Kontakt zu Universitäten in der Provinz, v.a. Kulob und Kurgan-Tube war infolge der politischen Instabilität über Jahre hinweg brüchig. Auch in Tadshikistan sind wissenschaftliche Forschung und Lehre entsprechend der übernommenen sowjetischen Wissenschaftstradition institutionell weitgehend voneinander getrennt. Die Akademie der Wissenschaften, an der die Forschung konzentriert ist, agiert als mehr oder minder selbständige Körperschaft, während die wissenschaftliche Lehre den Hochschulen, die nur über lose Verbindungen zur Akademie der Wissenschaften verfügen, obliegt. Organisation und Verwaltung der Hochschul- und Forschungseinrichtungen sind stark zentralisiert. Grundsätzlich werden aber den Hochschulen vom Bildungsgesetz Möglichkeiten zur Selbstverwaltung eingeräumt. Die bisher eher sporadische Nutzung dieser Möglichkeiten deutet auf eine tendenzielle Passivität einiger WissenschaftsadministratorInnen hin. Auch in Tadshikistan ist die Kommunikation und Koordinierung zwischen den beteiligten Behörden teilweise sehr problematisch. Allzu starre Hierarchien sowie eine teilweise starke Fluktuation in einigen Verwaltungsbereichen stehen einer effizienten Arbeit des Apparates entgegen. Dies betrifft nach meinen persönlichen Erfahrungen vor allem die Leitungstätigkeit durch das Bildungsministerium. Arbeitsbeziehungen zu den darunter liegenden Verwaltungsebenen an den einzelnen Hochschulen selbst scheinen insgesamt unkomplizierter zu funktionieren.

 

            Die materielle Ausstattung der Bildungs- und Forschungseinrichtungen ist häufig beklagenswert. Oft fehlt es sogar an grundlegenden Lehrmitteln und Ausrüstung. Investitionen in die Infrastruktur des Bildungssystems sind überfällig. Die ohnehin geringen Gehälter, die das Überleben  monatlich werden häufig erst mit monatelanger Verspätung gezahlt.

 

            Während des Bürgerkrieges war eine starke Abwanderung von SpezialistInnen (häufig nichttadshikischer Herkunft) zu verzeichnen. An der Historischen Fakultät der Nationalen Tadshikischen Staatlichen Universität ist z.B. kein einziger nichttadshikischer Wissenschaftler verblieben. Aus diesem Grunde können Forschungsthemen teilweise gar nicht mehr oder nur eingeschränkt weiterbearbeitet werden.

 

            Der Übergang zum mehrstufigen System der Hochschulbildung (Bakkalaureat, Magistratur, Diplom sowie Collegestudiengänge mit sog. unvollständiger Hochschulbildung) ist mit großen materiellen und methodisch-didaktischen Schwierigkeiten verbunden. Es fehlen Lehrbücher, die den Anforderungen des neuen Ausbildungssystems Rechnung tragen. Die Erarbeitung neuer Lehrpläne und neuer methodischer Ansätze ist bisher nur unzureichend vorangeschritten. Besonders hier wirken sich die nur sehr begrenzen Möglichkeiten zur Kommunikation und zum Erfahrungsaustausch in internationalem Rahmen nachteilig aus. Das Lehrpersonal muß überwiegend noch auf inzwischen veraltete Literatur und Lehrpläne aus sowjetischen Zeiten zurückgreifen oder arbeitet z.T. nach Lehrplänen aus der Russischen Föderation. Unter diesen Umständen muß gegenwärtig noch davon ausgegangen werden, daß der Übergang zum mehrstufigen Ausbildungssystem an den Hochschulen eher nomineller Natur ist.

 

            Aufgrund der sehr angespannten wirtschaftlichen Lage wird Tadshikistan auf absehbare Zeit nicht in der Lage sein, mit eigenen zusätzlichen Mittel einen Um- und Ausbau des Bildungs- und Hochschulwesens in größerem Umfang voranzutreiben. Die politische Instabilität schränkte darüber hinaus die Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen bei der Reformierung des Bildungswesens in Tadshikistan stark ein. Die Vertretungen der UNO sowie einiger internationaler Hilfsorganisationen in Duschanbe wurden z.T. erst im Frühjahr 1997 wiedereröffnet. Sollten die Bemühungen um eine Beilegung des Konflikts in Tadshikistan jedoch erfolgreich sein - das Memorandum von Bischkek[xiii] vom Mai 1997 gibt zu solchen Hoffnungen Anlaß - kommen der Sanierung und der Reform des Bildungssystems höchste Bedeutung zu. Neben der gesellschaftlichen Notwendigkeit nach Veränderungen infolge der staatlichen Unabhängigkeit in diesem Bereich zwingen das nach wie vor sehr hohe Bevölkerungswachstum[xiv] und der damit verbundene Bedarf an Schul- und Studienplätzen die tadshikische Regierung zu umfassenden Maßnahmen, um das Bildungs- und Hochschulwesen den kommenden Aufgaben entsprechend zu gestalten.

 

            Anders als in Uzbekistan, wo die selbständig nationale Herangehensweise an die Lösung der Probleme des Bildungs- und Hochschulwesens (trotz Inanspruchnahme internationaler Unterstützung) gern herausgestellt wird und man versucht ist, von einer Uzbekisierung des Bildungswesens zu sprechen, hat sich in Tadshikistan offenbar ein kooperativer Herangang an diese Thematik durchgesetzt. Angesichts der Beschränktheit der eigenen materiellen Ressourcen versucht die tadshikische Regierung die Herausforderung der Bildungsreform u.a. durch eine enge Kooperation mit der Russischen Föderation und internationalen Organisationen zu meistern. Im Januar 1997 unterzeichnete die Regierung Tadshikistans mit einigen anderen Mitgliedsstaaten der GUS (darunter Rußland, Armenien, Kyrgystan) ein Abkommen über einen „gemeinsamen Bildungsraum“, das in der Zukunft u.a. kompatible Bildungsstandards in den Vertragsstaaten vorsieht.[xv] Uzbekistan trat diesem Abkommen vorerst nicht bei.

 

            Die gegenwärtigen Bedingungen für eine geregelte tadshikisch-deutsche Hochschulzusammenarbeit scheinen denkbar ungünstig. Tatsächlich dürfte der materielle Aufwand enorm hoch sein. Dies betrifft im wesentlichen die Schaffung von technischen Standardvoraussetzungen für eine internationale Zusammenarbeit. Ausgehend von der Tatsache, daß in Tadshikistan nach wie vor eine große Anzahl hochqualifizierter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler tätig ist, die dringend Anschluß an die internationale wissenschaftliche Gemeinschaft suchen und namentlich an Kontakten nach Deutschland interessiert sind, sollten auf dieser Grundlage die Anbahnung von Kontakten und Beziehungen und die Durchführung gemeinsamer Projekte grundsätzlich möglich sein. Dafür spricht u.a. eine funktionierende informelle Kooperation der Humboldt-Universität Berlin und der Universität Bamberg mit WissenschaftlerInnen in Duschanbe.

            Wichtigste Bedingung für eine Zusammenarbeit mit tadshikischen Hochschul- und Forschungseinrichtungen, vor allem aber mit dem Bildungsministerium, ist daß derartige Beziehungen nicht einseitig mit Inhalten gefüllt und ausgestaltet werden müssen und das Gemeinsame Priorität genießt. Als mögliche Schwerpunkte einer Zusammenarbeit wurden mir von tadshikischen WissenschaftlerInnen die Beratung bei der Gestaltung neuer Curricula und der Erarbeitung neuer Lehrmethoden ebenso genannt, wie die Wiederaufnahme von Forschungsthemen, die wegen der Abwanderung von WissenschaftlerInnen aus Tadshikistan zunächst eingestellt werden mußten und die Fremdsprachenausbildung.

 

 



[i] Nadiraschwili, A.: Die Wissenschaftskrise in den Nachfolgestaaten der ehemalige UdSSR : Gemeinsamkeiten und Differenzen. IN: Hochschule Ost, Leipzig, (1995)2. S. 11.

[ii] Rzehak, L.: Wissenschaft, Hochschulwesen und Unabhängigkeit : Reisebeobachtungen in Usbekistan und Tadshikistan. IN: Osteuropa : Zeitschrift für Gegenwartsfragen des Ostens, Stuttgart, 45(1995). S. 330.

[iii] Autoritarismus mit „menschlichem“ Antlitz. IN: Wostok; Köln, Berlin (1994)4; S. 37.

[iv] a.a.O.: 43.

[v] Karimov, I.A. (1995): Vysokokvalificirovannye specialisty - stimul progressa. Taškent, „U’zbekiston“ 1995; S. 21.

[vi] a.a.O.: 19 f.

[vii] Ebenda.

[viii] Dies bestätigen z.B. auch Tacis: Training and education reform in the former Soviet Union : the strategy and activities of the Tacis Programme. [s.l.] October 1994; S.5; Tacis Contract Information, Budget 1996 - 1997. Uzbekistan : assistance to the Ministries of Higher and public Education of Uzbekistan. April 1997; S.1; Tibi (1995:136).

[ix] Kal'metov, B.; Nazarov, B.: Uzbekistan : reformiruja, ne navredit’. IN: Poisk, Moskva (1995)43, 21. - 27. 10. 1995; S. 13.

[x] Rasporjazenie Kabineta ministrov Respubliki Uzbekistan : O razrabotke Nacional’noj programmy po podgotovke kadrov ot 10 marta 1997 g. IN: Pravda vostoka; Narodnoe slovo (13. 03. 1997).

[xi] Tibi, C.: Obrazovanie. IN: Griffin, K. (1995): Social’naja politika i ekonomiceskie preobrazovania v Uzbekistane. Pod redakciej Kejta Griffina. „Programma Razvitija OON“, [s.l.], Aprel’ 1995 g. S. 129.

[xii] S. hierzu u.a. Eisener, R.: Zum Bürgerkrieg in Tadshikistan : einige aktuelle und historische Dimensionen des Konflikts. IN: Osteuropa : Zeitschrift für Gegenwartsfragen des Ostens, Stuttgart, 44(1994). S. 776 - 790. und Fedke, G. (1996):Der fast vergessene Krieg : zur Anatomie und Chronologie des Konfliktes in Tadshikistan. IN: Osteuropa : Zeitschrift für Gegenwartsfragen des Ostens, Stuttgart, 46(1996). S. 255 - 266.

[xiii] Narodnaja gazeta, DuÓanbe (22. - 29. 05. 1997): BiÓkekskij Memorandum.

[xiv] S. hierzu z.B.: Götz, R.; Halbach, U.: Politisches Lexikon GUS. München 2. Aufl., 1993; S. 214.

[xv] Former Soviet states sign deal. IN: The Times Higher Education Supplement, No. 1266, February 7, 1997.

 

 

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Updated: 2005-04-18